Exemplarisch für die guten Argumente gegen eine weitere Alimentierung des hellenischen Fasses ohne Boden steht die Erklärung Veronika Bellmanns zu ihrem Abstimmungsverhalten. Die 54-jährige CDU-Politikerin aus Mittelsachsen bemängelt, dass den Maßgaben des ESM-Vertrages nicht entsprochen werde. „Zum einen ist im Antrag die Summe des Finanzbedarfs (‚wird nach Schätzung der vier Institutionen 86 Mrd. Euro betragen‘) nicht genau bestimmt. Insbesondere hinsichtlich der veranschlagten 50 Mrd. Euro Privatisierungserlöse gilt offensichtlich weiterhin das Prinzip Hoffnung. Des Weiteren ist selbst aus der Begründung zum Antrag erkennbar, dass die wesentlichen Bedingungen, nach denen Mittel aus dem ESM-Vertrag gewährt werden können, wie Schuldentragfähigkeit und Systemrelevanz, nicht erfüllt werden“, so Bellmann. Eine weitere Bedingung sei bisher immer gewesen, dass sich der IWF direkt an den Hilfspaketen beteilige. Dies sei für das dritte Griechenland-Hilfspaket nicht gewährleistet.
Bellmann warnt: „Griechenland ist so hoch verschuldet, dass es weder in 32,5 noch in 60 oder 100 Jahren diese hohen Schulden zurückzahlen kann, da nicht zu erwarten ist, dass das Land innerhalb kürzester Zeit wirtschaftlich auf die Beine kommt oder gar exorbitantes Wachstum verzeichnen kann.“ Hellas werde einen deutlichen Schuldenschnitt brauchen. „Allerdings passt ein solcher nominaler Schuldenschnitt nicht in die europäischen Verträge, jedenfalls noch nicht. Ich gehe davon aus, dass im Oktober, wenn der IWF erneut die Schuldenlasttragfähigkeit prüfen und seine Beteiligung am Griechenlandhilfsprogramm entscheiden wird, es dann entweder eine wiederum sehr ‚kreative‘ Begründung geben wird, wie wir dennoch einen Schuldenschnitt organisieren, oder wir führen das ESM-Programm erstmals ohne die Beteiligung des IWF weiter. Das ist ebenfalls eine Verletzung der Regeln, die wir uns erst vor kurzem bei der Inkraftsetzung des ESM selbst gegeben haben“, kritisiert die Unionsabgeordnete.
Abschließend erklärt Veronika Bellmann: „Problematisch bleibt in diesem Zusammenhang weiterhin die Verflechtung mit der EZB, die den Umfang der Notkredite an Griechenland aufstockt, die ihrerseits aus den Rettungsschirmen gespeist werden. Das ist der Beweis, dass die EZB nunmehr verbotene Staatsfinanzierung leistet. Damit hat auch dort ein Tabubruch stattgefunden. Europa entfernt sich damit immer mehr von einer Wertegemeinschaft im Sinne einer Rechtsgemeinschaft, ein Paradigmenwechsel von dem Primat des Rechts hin zum Primat der Politik hat stattgefunden (alles ist immer und jederzeit verhandel- und austauschbar). Wir sind nicht nur auf dem Weg zu einer Haftungs-, Transfer- und Schuldenunion, wir sind mitten drin in der Spirale. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann die Radialkräfte das ganze Konstrukt der Währungsunion zersprengen.“
Deutliche Worte, die man gerne öfter hören würde!