So sprachen Angela Merkel und Regierungssprecher Seibert von „Hetzjagden“ auf Ausländer, die in Chemnitz stattgefunden haben sollen. Demgegenüber stellte Wolfgang Klein als Sprecher der sächsischen Generalstaatsanwaltschaft klar: „Nach allem uns vorliegenden Material hat es in Chemnitz keine Hetzjagd gegeben“. Michael Kretschmer, Sachsens glückloser Ministerpräsident, sprang den Chemnitzern in einer Regierungserklärung bei, wonach es „keinen Mob“ und „keine Hetzjagden“ in ihrer Stadt gegeben habe, was die Kanzlerin nicht davon abhielt, erneut öffentlich „Haß“ und die „Verfolgung unschuldiger Menschen“ in der Sachsenmetropole zu beklagen. Unterdes hatte der Grünen-Politiker Matthias Oomen gar einen Boykottaufruf getwittert, doch in Sachsen keinen Urlaub mehr zu machen und auch sonst kein Geld in diesem Land zu lassen. Doch das war erst der Auftakt.
Die Kontroverse eskalierte, als Verfassungsschutz-Präsident Maaßen gegenüber der BILD-Zeitung darstellte, daß für „rechtsextremistische Hetzjagden“ keinerlei belastbare Informationen vorlägen, und womöglich eine „gezielte Falschinformation“ vom Chemnitzer Mordfall ablenken könnte. Nun aber zeigten sich SPD, Grüne, Linke und FDP empört, wurden Rücktrittsforderungen gegen Maaßen laut. Inzwischen hatte der AfD-Bundesvorsitzende Jörg Meuthen in einer ZDF-Talkshow zu den sächsischen Ereignissen geäußert, daß ihm der Umgang mit PEGIDA nicht gefalle: „Nein, wir machen mit denen nicht gemeinsame Sache, um das klar zu sagen." Daraufhin habe PEGIDA-Vize Siegfried Däbritz die Beziehung zwischen den Islamkritikern und der AfD gekappt, wußte am Donnerstag zumindest die „Freie Presse“ aus Chemnitz zu berichten und orakelte, in der AfD müsse man jetzt davon ausgehen, daß PEGIDA mit eigener Liste zu den Landtagswahlen antrete...
Ob Realität, Fake-News oder Wunschdenken – die Propagandaschlacht läuft auf vollen Touren, und natürlich geht es immer auch um die in den Bundesländern anstehenden Landtagswahlen. Trotz sommerlicher Temperaturen werden sich die Sachsen warm anzuziehen haben, denn ein Ende der Kampagne ist nicht in Sicht. Einen Verbündeten außerhalb der Bundesrepublik haben die Geschmähten allerdings schon, den Schweizer Publizisten und Verleger Roger Köppel. Der scharfzüngige Journalist warb in seiner „Weltwoche“ freilich auf andere Art als seine deutschen Kollegen um - Verständnis für die widerspenstigen Mitteldeutschen: „Die Sachsen sind die intellektuelle Avantgarde eines weitverbreiteten deutschen Unbehagens. Die Sachsen haben es satt, dass über ihre Köpfe hinwegregiert wird. Deshalb protestieren sie.“ Den nächsten PEGIDA-Protest aber gibt es am 10. September auf dem Dresdner Neumarkt.