Kisoudis macht in seiner Streitschrift keinen Hehl daraus, dass er auf Seiten Russlands steht, argumentiert jedoch als konservativer Libertärer und Anhänger der Österreichischen Schule der Nationalökonomie. Mit Verweis auf den russischen Einheitssteuersatz („flat tax“) von 13 Prozent und die von ihm für die nähere Zukunft vermutete Golddeckung des Rubels spricht er von einem „autoritären Liberalismus“, der in Russland herrsche und dem ein westlicher „Geldsozialismus“ gegenüberstehe.
Der Autor verschiebt dabei die gängigen Kategorien, indem Amerika bei ihm nicht etwa als Bannerträger liberaler Gesinnung auftritt, sondern als eine Großmacht, die vornehmlich die Interessen der Finanzindustrie vertritt. Und das hat mit dem von Kisoudis befürworteten klassischen Liberalismus, wie er in den Ideen von Ludwig von Mises, Friedrich-August von Hayek oder Murray Rothbard zum Ausdruck kommt, rein gar nichts zu tun. Für ihn gehört der klassische Liberalismus eben nicht zu den postmodernen Ideologien, sondern zum traditionalen Denken, das vom Kreml in einer Allianz mit der russisch-orthodoxen Kirche gegen die westliche „Dekonstruktion“ verteidigt werde. Schon der Kalte Krieg sei vornehmlich geopolitisch und weniger ideologisch begründet gewesen. Schließlich fand ein „Marxismus light“ bereits damals bis in die höchsten Kreise der westlichen Regierungen hinein viele Anhänger. In Zeiten von Gender Mainstreaming & Co. ist das noch offenkundiger.
Der Titel des Buches verweist auf die amerikanische Geldpolitik seit 1971, als unter Nixon die Goldbindung des Dollars abgeschafft wurde. Nicht nur dem Greenback, auch anderen großen Weltreservewährungen wie dem Euro fehle seit diesem monetären Paradigmenwechsel jener „Goldgrund“, den Moskau, aber auch Peking möglicherweise wiederherzustellen gedenke, meint Kisoudis, der wie manch anderer die Vermutung hegt, dass die massiven Goldkäufe der russischen und der chinesischen Zentralbank in den letzten Jahren auf dieses nicht offen erklärte Ziel hinausliefen.
Peinlicherweise hörte ausgerechnet die F.A.Z. wieder einmal die Flöhe husten und stellte die Frage, ob man aus Kisoudis‘ Abrechnung mit den „geldsozialistischen“ Spekulanten nicht auch unterschwelligen Antisemitismus herauslesen könne? Um das aus „Goldgrund Eurasien“ herauszulösen, muss man allerdings schon ziemlich böswillig sein, denn entsprechende Ressentiments schimmern an keiner Stelle des Buches durch. Kisoudis ist ein eigenwillig, aber gewiss nicht absurd argumentierender Autor. Er vertritt einen interessanten Ansatz, der das Pferd mal von einer anderen Seite aufzäumt.
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Dimitrios Kisoudis: Goldgrund Eurasien. Der neue Kalte Krieg und das dritte Rom
Manuscriptum, 128 Seiten, brosch., € 14,00
ISBNÂ 978-3944872124