In seiner Wahlbeschwerde argumentiert der 44-Jährige, dass die Streichung nicht in Übereinstimmung mit den geltenden Gesetzen erfolgt sei. Tatsächlich ist der Vorgang ein Novum, denn bislang hat sich noch kein Vorstand einer Partei über das Votum der Mitglieder hinweggesetzt und einen gewählten Kandidaten wieder von einer Landesliste genommen. Formell oblag dieser Schritt allerdings, wie bereits dargestellt, den Vertrauenspersonen – und die können sogar ganze Listen zurückziehen. Dafür gibt es in Sachsen ein Beispiel: Im Jahr 2005 reichte die damalige Vertrauensperson der Republikaner (REP), Kerstin Lorenz, die Landesliste ihrer Partei nicht ein, was zur Folge hatte, dass die NPD damals ohne rechte Konkurrenz zur Wahl antreten und schließlich in den Landtag einziehen konnte.
Für Samtleben ist sein Fall allerdings als ganz anders gelagert, weil er als Abgeordneter in den Landtag eingezogen wäre, hätte man ihn nicht gestrichen. Er beruft sich hierbei auf § 1(2) Ziffer a und b des Sächsischen Wahlprüfungsgesetzes, wo es heißt: „Wahlen zum Sächsischen Landtag sind im Wahlprüfungsverfahren ganz oder teilweise für ungültig zu erklären, wenn die Verteilung der Abgeordnetensitze dadurch beeinflusst worden sein kann, dass a) bei der Vorbereitung oder Durchführung der Wahl zwingende Vorschriften des Gesetzes über  die Wahlen zum Sächsischen Landtag oder der Landeswahlordnung unbeachtet geblieben oder unrichtig angewendet worden sind oder b) fehlerhafte Entscheidungen der Wahlorgane bei der Zulassung oder Zurückweisung von Wahlvorschlägen oder bei der Feststellung des Wahlergebnisses ergangen sind.“
Dass seine Beschwerde es bis vor den Wahlprüfungsausschuss unter dem Vorsitz des Abgeordneten Marko Schiemann (CDU) schaffte, der dazu noch eine öffentliche Anhörung ansetzte, ist durchaus bemerkenswert, denn in den meisten Fällen werden Wahlbeschwerden schon vorher als unbegründet abgewiesen. Zuletzt gab es eine Behandlung durch den Wahlausschuss im Jahr 2005, als es um mögliche Unregelmäßigkeiten bei der Aufstellung der Landesliste der LINKEN ging. Die Beschwerdeführer hatten am Ende keinen Erfolg. Sowohl die Landeswahlleitung als auch das Innenministerium und die durch ihren Generalsekretär Uwe Wurlitzer vertretene AfD Sachsen machten in der Landtagsanhörung noch einmal deutlich, dass sie die Beschwerde von Samtleben ebenfalls als unbegründet ansehen, weil die Vertrauensleute nun einmal entsprechend weitgehende Rechte hätten.
Für Vize-Landeswahlleiter Robert Kluger ist die Streichung einzelner Bewerber oder auch ganzer Listen eine „nicht ungewöhnliche Vorgehensweise“. Eine Begründung müsse dafür nicht vorgelegt werden. Ausschussmitglied Klaus Bartl (LINKE), der selbst Jurist ist, verwies indes darauf, dass die aktuelle Wahlgesetz-Kommentierung dies womöglich anders sehe und einen „hiebfesten Rechtfertigungsgrund“ für die Rücknahme eines Kandidaten als notwendig erachte. Tatsächlich heißt es im führenden Kommentar zum Bundeswahlgesetz von Schreiber/Hahlen/Strelen (2013), § 27, RN 27: „Das rechtliche Problem bei der Listenstreichung besteht in dem Aufrücken der nachrangigen Bewerber. Darin liegt der wesentliche Unterschied zur Streichung eines Wahlkreisbewerbers, bei der das Feld für die Erststimme auf dem Wahlzettel einfach freibleibt. Bisher sind keine von Gerichten entschiedene Fälle der Streichung einzelner Listenbewerber ohne Entscheidung durch den zur Aufstellung berufenen Parteitag bekannt.“ Dem entgegen steht wiederum die Auffassung, dass Vertrauenspersonen, die von den Wahlversammlungen gewählt und mit weitgehenden Vollmachten ausgestattet werden, die Versammlung prolongieren und gewissermaßen als Vertreter der Delegierten über den Parteitag hinaus agieren, vergleichbar mit Abgeordneten, die im Parlament das Volk repräsentieren sollen.
So ist auch nach Einschätzung verschiedener Beobachter eher nicht zu erwarten, dass sich der Wahlausschuss des Sächsischen Landtages für eine Neuwahl aussprechen wird. Voraussichtlich dürfte der Ausschuss der vorläufigen Einschätzung von Berichterstatter Christian Piwarz (CDU) folgen und den Vertrauenspersonen einen sehr großen Spielraum einräumen. Mit einer Entscheidung über den rechtlich in der Tat sehr diffizilen Fall nicht vor Herbst zu rechnen. Fällt sie nicht im Sinne Samtlebens aus, bliebe ihm noch die Klagemöglichkeit vor dem Verfassungsgerichtshof in Leipzig. Dort gehört der Fall eigentlich auch hin, weil hier grundlegende Fragen der innerparteilichen Demokratie und damit der Verfassungsgrundsätze berührt sind.